Dr. Bakris:
Dyskaliämie kommt häufig vor. Sowohl Hypokaliämie als auch Hyperkaliämie sind mit erhöhter Mortalität und Morbidität verbunden. Es ist sehr wichtig, die Risikofaktoren für Hyperkaliämie zu kennen, und wir haben diese vor einigen Jahren anhand einer sehr umfangreichen Analyse identifiziert. Es spielen ganz einfach zwei Dinge eine Rolle. Erstens: Die Niere handhabt 90 Prozent des körpereigenen Kaliums, und eine reduzierte Nierenfunktion – mit einem GFR-Wert von weniger als 45 – stellt definitiv ein höheres Hyperkaliämie-Risiko dar, wenn Sie gleichzeitig Wirkstoffe einnehmen, die das Kalium in der Niere beeinflussen bzw. Kalium enthalten. Zweitens spielt der Serumkaliumspiegel selbst eine Rolle. Wenn die Konzentration im Blutserum über viereinhalb liegt, haben Sie ein höheres Risiko, an Hyperkaliämie zu erkranken, vor allem, wenn Ihre Nierenfunktion eingeschränkt ist. Es ist wichtig, diesen Faktor zu verstehen, denn Renin-Angiotensin-Systemhemmer sind entscheidend für das Management von Nierenerkrankungen und Herzinsuffizienz. Diabetes spielt bei der Entstehung dieser Krankheiten ebenfalls häufig eine Rolle. Diese Medikamente sind für Personen mit eingeschränkter Nierenfunktion sehr wichtig, unterliegen aber bestimmten Einschränkungen aufgrund des Hyperkaliämie-Risikos. Es muss also eine Möglichkeit gefunden werden, die Hyperkaliämie effektiv zu managen, um die Verwendung dieser Wirkstoffe in dieser risikobehafteten Population zu ermöglichen bzw. zu erleichtern. Ich begrüße Sie bei CME auf ReachMD. Ich bin Dr. George Bakris, und ich unterhalte mich heute mit dem Kardiologen Dr. Faiez Zannad und den Nephrologen Dr. Matthew Weir, um dieses Thema zu diskutieren. Dr. Zannad, Dr. Weir: Herzlich willkommen!
Dr. Weir:
Ich freue mich, hier zu sein, George.
Dr. Zannad:
Ich bin Dr. Zannad und ich freue mich, heute bei Ihnen sein zu dürfen.
Dr. Bakris:
Beginnen wir gleich mit einem Patientenfall. Es handelt sich um einen 54-jährigen Mann afroamerikanischer Abstammung, der mit Herzinsuffizienz der Klasse III, Diabetes und chronischer Nierenerkrankung bzw. CNE diagnostiziert wurde. Der GFR-Wert beträgt in etwa 43. Beim Versuch, die Therapien für Herzinsuffizienz und CNE zu intensivieren, stellte man fest, dass ACE-Hemmer nicht toleriert wurden, außer in sehr niedrigen Dosen. Auch Spironolacton wurde nicht vertragen. Es bestand also eine Intoleranz gegenüber ACE-Hemmern und Spironolacton aufgrund von Hyperkaliämie, mit einem Kaliumspiegel von über 5,5. Beachten Sie, dass seine Kalium-Baseline bei einem Milliäquivalent-Wert von 4,8 pro Liter liegt. Für den Patienten ist eine optimierte RAASi-Therapie erforderlich. Herr Dr. Zannad, wie hoch ist das Risiko einer Dyskaliämie bei diesem Patienten?
Dr. Zannad:
Nun, dieser Patient hat Diabetes, Herzinsuffizienz, CNE und Hyperkaliämie in der Anamnese und ist aufgrund dieser multiplen Faktoren einem wirklich sehr hohen Risiko ausgesetzt, was eine rezidivierende Hyperkaliämie betrifft. Hyperkaliämie ist prognostizierbar und wir kennen die Risikofaktoren, also müssen wir angesichts dieser Kombination von Risikofaktoren vorsichtig handeln. Hyperkaliämie ist ein Risikofaktor, aber auch ein Risikomarker. Wir kennen alle diese U-förmige Kurve, die zeigt, dass niedrige Kaliumwerte mit schlechten Ergebnissen verbunden sind, aber hohe Kaliumwerte sind mit noch schlechteren Ergebnissen verbunden, und dieser Patient ist einem sehr hohen Risiko ausgesetzt, eine rezidivierende Hyperkaliämie zu entwickeln. Bei Risikopatienten dieser Art, bei denen die Wahrscheinlichkeit einer rezidivierenden Hyperkaliämie sehr hoch ist, müssen wir daher eine sehr sorgfältige und regelmäßige Überwachung der Kaliumwerte sicherstellen, und auch die Richtlinien geben sehr deutlich vor, dass das Einleiten bzw. das Auftitrieren von RAASi- und MRA-Dosen in Übereinstimmung mit den Kalium-Messergebnissen erfolgen muss. Dieser Prozess sollte dann idealerweise alle drei Tage, eine Woche später, einen Monat später und dann alle vier Monate wiederholt werden. Bei einem chronischen Krankheitsbild müssen wir im Normalfall gemäß den Richtlinien den Kaliumwert alle vier Monate überprüfen; in diesem konkreten Fall jedoch – wegen der hohen Wahrscheinlichkeit einer rezidivierenden Hyperkaliämie – müssen wir möglicherweise sogar noch häufiger messen.
Dr. Bakris:
Dr. Weir, wenn Sie sich die Fachliteratur in ihrer Gesamtheit ansehen, welche Schlussfolgerungen ziehen Sie, was die Dosierung für RAASi-Therapien und das Risiko einer Hyperkaliämie betrifft?
Dr. Weir:
Nun – wenn wir uns die Gesamtheit der verfügbaren Literatur ansehen, können wir viel über die evidenzbasierten Dosen für ACE-Hemmer, Angiotensin-Rezeptor-Blocker und Mineralokortikoidrezeptor-Antagonisten lernen, die verabreicht werden, um das Fortschreiten von Nierenerkrankungen oder kongestiver Herzinsuffizienz zu verhindern. Im Allgemeinen kann man sagen, dass, ausgehend von den vorliegenden Nachweisen und Fakten, voll auftitrierte Dosen am besten sind. Bei Patienten mit diabetisch bedingter Nierenerkrankung haben sich beispielsweise Lisinopril, Losartan oder Irbesartan in vollen Dosen als wirksam erwiesen, um das Fortschreiten der Nierenerkrankung einzudämmen, während wir im Bereich der niedrigeren Dosierungen überhaupt keine brauchbaren Nachweise sehen, was die Wirksamkeit betrifft. Auch bei Herzinsuffizienz wurde in klinischen Studien untersucht, welche die richtige Dosierung für ACE-Hemmer, Angiotensin-Rezeptor-Blocker oder Spironolacton bzw. Eplerenon ist, wenn es um die verlangsamte Progression der Herzinsuffizienz geht, und auch hier ist die Evidenz ganz eindeutig: Geringere Dosen bieten keinen vergleichbaren Nutzen, und was in der klinischen Praxis am wichtigsten ist, ist die Dosierung, die auf der Grundlage dessen, was sich nachweislich als wirksam erwiesen hat, optimiert werden muss.
Dr. Bakris:
Sehr gut, vielen Dank. Für diejenigen, die sich gerade einschalten, Sie hören die CME-Fortbildung auf ReachMD. Ich bin Dr. George Bakris, und ich habe heute Dr. Faiez Zannad und Dr. Matthew Weir bei mir. Wir sprechen über die besten Methoden, um Kaliumanomalien zu bewältigen und die RAASi-Therapie bei Patienten mit Herzinsuffizienz bzw. CNE zu optimieren.
Sie haben einen Patienten wie diesen, bei dem die Kaliumkonzentration über 5,5 liegt, und angesichts der Tatsache, dass dies mit einer reinen Ernährungsumstellung kaum zu bewältigen ist, ist meine Frage, wie Sie diesen Patienten behandeln würden, um den Kaliumspiegel in den sicheren Bereich zu bringen?
Dr. Zannad:
Nun, eine kaliumoptimierte Diät ist wirklich schwierig umzusetzen, sie sollte aber dennoch nicht vernachlässigt werden. Ich weiß, dass Sie als Nephrologen sich sehr wohl mit Ihren Patienten regelmäßig darüber unterhalten, dass eine kaliumoptimierte Diät nachweisbare Vorteile bringt. In der Kardiologie machen wir das eher weniger. Wir sollten das aber ändern. Das Thema sollte nicht unter den Tisch fallen, denn die Ernährung kann zumindest in der chronischen Phase helfen, und natürlich gibt es Alternativen, und in diesem speziellen Fall, in dem wir auf eine sehr kaliumspezifische Diät setzen, sind das die Kaliumbinder. Zum Glück gibt es mindestens zwei neue Wirkstoffe, die Kaliumbinder Patiromer und ZS-9, die sehr viel besser vertragen werden als deren Vorgänger, und es gibt schon sehr viele Nachweise für deren Wirksamkeit, Verträglichkeit und Einsatzfähigkeit. Daher wird stark empfohlen, bei diesen spezifischen Patienten mit der Verabreichung dieser Kaliumbinder zu beginnen, und tatsächlich ist es so, dass damit auch bei Patienten mit bereits zu hohen Kaliumwerten die Normalwerte erreicht werden können. Diese Patienten können bei rezidivierender Hyperkaliämie dauerhaft auf eine kaliumoptimierte Diät gesetzt werden, und dann ist auch eine Auftitration realistisch. Wir haben Studien zum Thema Auftitration, also forcierter Auftitration, durchgeführt, und zwar mit Patienten, die Kaliumbinder einnehmen. Es ist wichtig, dass wir die durch die medizinischen Richtlinien empfohlenen Dosen unbedingt erreichen. Die Grenze entspricht hier den medizinischen Richtlinien zur Dosierung, und wir müssen uns darauf konzentrieren, den Patienten auf diese Maximaldosis umzustellen. Der Krankheitszustand kann variieren, die Dosis der Diuretika kann variieren, die Ernährung kann sich ändern und die Situation des Patienten kann sich ändern, und wir sollten nie aufgeben, zu versuchen, die maximal verträgliche Dosis oder die durch die Richtlinien empfohlene Dosis zu erreichen.
Dr. Bakris:
Vielen Dank. Nun werde ich Ihnen beiden eine weitere Frage stellen, die ein wenig anders gelagert ist. Bei Patienten mit Herzinsuffizienz und normaler Nierenfunktion ist die RAASi-Behandlung ja relativ einfach zu handhaben, aber – wie wir bereits erwähnt haben – bei jenen Patienten, deren Nierenfunktion beeinträchtigt ist, besonders bei einer GFR von 45 oder weniger, ist die Sachlage offensichtlich um einiges komplizierter. Also, Dr. Zannad, wie treten Sie an Herzinsuffizienzpatienten mit eingeschränkter Nierenfunktion heran, um sie auf eine RAASi-Behandlung vorzubereiten?
Dr. Zannad:
Ja, dies ist eine wirklich sehr wichtige Frage, denn diese Patienten mit CNE oder Nierenfunktionsstörungen tragen das höchste Risiko, auf unerwünschte Nebenwirkungen zu stoßen, darunter Hyperkaliämie, aber sie gelten auch in Bezug auf kardiovaskuläre und renale Probleme als Risikopatienten. Diese Patienten haben daher den höchsten Bedarf an RAAS-Inhibitoren, und diese Behandlungsoption sollte ihnen nicht verwehrt werden, nur weil ein Hyperkaliämie-Risiko besteht. Es gibt Wege, sie auf eine unterstützende Therapie und RAASi-Inhibitoren umzustellen, unter anderem mithilfe von Kaliumbindern. Der Schlüsselansatz bei der Handhabung von RAAS-Inhibitoren bei diesen Patienten besteht in der Tat darin, kontinuierlich zu versuchen, mit Hilfe von Kaliumbindern diese Therapie einzuleiten bzw. die Dosen aufzutitrieren, und zwar entweder temporär, wenn etwa der Patient kurzfristig an Hyperkaliämie erkrankt, oder dauerhaft, wenn der Patient, wie in diesem speziellen Fall, dem Risiko einer rezidivierenden Hyperkaliämie ausgesetzt ist.
Dr. Bakris:
Und Dr. Weir, wie würden Sie diese Frage aus der Perspektive des Nephrologen beantworten?
Dr. Weir:
Ja, George, das ist eine hochinteressante Frage. Wissen Sie, wenn Menschen eine chronische Nierenerkrankung und eine verminderte Ejektionsfraktion haben, macht das die Dinge umso komplizierter, weil man einerseits den Einsatz von Diuretika nicht intensivieren will, da dies zu prärenaler Azotämie und Blutdruckabfall sowie zum Verlust der Nierenfunktion führen kann – also muss man sich hier wirklich eine andere Strategie ausdenken. Diätetische Maßnahmen funktionieren nicht immer, also würde ich eher auf einen Kaliumbinder setzen, der gut verträglich und effektiv ist. Damit können die Diuretika reduziert werden, man muss sich nicht auf die Ernährung an sich als Gegenmaßnahme verlassen und der Arzt kann die medizinische Behandlung besser auf diese Patienten abstimmen. Es gibt auch noch einige andere Punkte und Ansätze, die man sich überlegen könnte, und wir haben dazu vor Kurzem eine Rezension im „Journal of the American College of Cardiology“ veröffentlicht, die meiner Meinung nach viele der verschiedenen Strategien gut skizziert, die man – je nach Nierenfunktion, Serumkalium und dem Grad der reduzierten Ejektionsfraktion bei betroffenen Patienten – einsetzen kann.
Dr. Bakris:
Sie beide haben heute ganz ausgezeichnete Punkte vorgebracht, und leider ist unsere Zeit schon wieder abgelaufen. Ich möchte Dr. Zannad und Dr. Weir ganz herzlich dafür danken, dass sie uns heute nähergebracht haben, wie Kaliumwerte besser zu managen sind und wie gleichzeitig effektive Wirkstoffe eingesetzt werden können, um das Mortalitätsrisiko in bestimmten Patientenpopulationen zu verringern. Dr. Zannad und Dr. Weir, ich freue mich sehr, dass wir uns heute unterhalten durften.
Dr. Zannad:
Vielen herzlichen Dank. Es hat mich sehr gefreut, an diesem Gespräch teilnehmen zu dürfen.
Dr. Weir:
Vielen Dank, dass Sie mich heute eingeladen haben. Es war ein sehr gutes Gespräch.
Dr. Bakris:
Danke! Ganz meinerseits.
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